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Belletristik: Ein wirklich erstaunliches Ding

Ein wirklich erstaunliches Ding

Dieser Beitrag enthält eine Rezension (Selbst gekauft) und Affiliate Links (Die Links zu Amazon). Mehr dazu hier.

Seit ich Bücher rezensiere, achte ich viel mehr darauf, wer sie geschrieben hat und von welchem Verlag sie veröffentlicht wurden. Bei Damiris liest wurde ich vor einigen Wochen auf einen neuen Verlag aufmerksam: bold! – ein Label von dtv. Überraschenderweise haben mich alle 6 Bücher, die diese Reihe eröffnen, angesprochen – wahrscheinlich bin ich exakt das dort beschriebene Zielpublikum:

In den Geschichten geht es um Liebe, Freundschaften und Familienstrukturen, Gender, Social Media und Digitalisierung, Karriere und New Work, Globalisierung, ökologische und gesellschaftliche Diskurse – und das alles vor dem Hintergrund sich ständig wandelnder Trends und Lifestyles.
(Von Readbold)

Mein Versuchskaninchen war ein Buch von Hank Green, welches ebenfalls bei Ivy Booknerd, Kill Monotony und I am Jane empfohlen wurde. Hank Green ist der Bruder von John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) und hat daher grosse Fussstapfen, in welche er treten muss. Bühne auf für Ein wirklich erstaunliches Ding von Hank Green

Der Klappentext

(Gemäss Amazon)

Ein paar Klicks, ein kurzer Film, eine spontane nächtliche Aktion – und Aprils Leben steht auf dem Kopf. Eigentlich hatte sie nur eine mysteriöse, aber beeindruckende Roboter-Skulptur gefilmt und ins Netz gestellt und ihr aus Spaß den Namen CARL gegeben – nichts Besonderes eigentlich, doch als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist sie berühmt. Überall auf der Welt sind Carls aufgetaucht, niemand weiß, woher sie kommen, niemand weiß, wofür sie gut sind. April wird zur Carl-Expertin, die Medien stürzen sich auf sie, ihre Videos verbreiten sich millionenfach. Doch im Zentrum der weltweiten Hysterie erntet sie nicht nur Likes…

Meine Meinung

Auf den ersten Blick wirkt es so, als gehe es in dieser Geschichte vor allem um die seltsamen Roboter-Skulpturen, welche über Nacht auf der ganzen Welt aufgetaucht sind. Wer hat diese erstellt und vor allem warum?

Während April versucht, dieses Rätsel zu lösen, ist dem Leser bald klar, dass sich der Inhalt hauptsächlich um andere Fragestellungen dreht. Man wird zum Beispiel damit konfrontiert, was die plötzliche Berühmtheit mit April macht – sowohl seelisch als auch im Alltag. Der Autor hat hierbei einen äusserst geschickten Kniff angewendet: Er lässt April selbst erzählen. Genau diese Tatsache hat mich auch nach der Leseprobe überzeugt, das Buch zu kaufen. April erklärt nämlich bereits auf der ersten Seite rotzfrech:

Da ich als Einzige die ganze Story kenne, bin ich in der wundervollen Lage, am längeren Hebel zu sitzen, und kann bestimmen, wie ich sie euch erzähle.

Für ihr junges Alter wirkt sie äusserst reflektiert und kann sich selbst gut einschätzen. Dennoch hat Hank Green hier keinen Superstar geschaffen, sondern einen sehr menschlichen Charakter mit zahlreichen Schwächen. Das macht die Geschichte aber erst richtig interessant – von Seite zu Seite geraten April und ihre Freunde immer tiefer in diesen Strudel und man fragt sich, ob sie es jemals wieder daraus heraus schaffen.

Während die Geschichte etwa ab der zweiten Hälfte ziemlich an Fahrt aufnimmt, ist der erste Part relativ ruhig. Ich fand diesen aber dennoch äusserst unterhaltsam zu lesen, da die treffenden und sarkastischen Bemerkungen von April mich immer wieder zum Schmunzeln brachten. Gleichzeitig macht genau dieses langsame Tempo das Buch sehr realistisch. Wenn tatsächlich plötzlich fremde Skulpturen auftauchen würden, gäbe es wahrscheinlich auch in der echten Welt alle möglichen Gruppierungen. Manche versuchen den Zugang zu diesen zu verwehren, andere sehen in diesen die Rettung oder das personifizierte Böse und wiederum andere versuchen sie zu erforschen. Auch der langsame Wandel von einem einzigen viralen Video bis hin zur Social Media Berühmtheit war nachvollziehbar und gleichzeitig ein wenig erschreckend beschrieben.

Meine demonstrativ zur Schau getragene Verachtung gegenüber sorgfältig ausgefeilten Internet-Profilen war Bestandteil meines eigenen sorgfältig ausgefeilten Internet-Profils. Trotzdem spürte ich, dass das nicht wirklich der Punkt war.

Dabei handelt April natürlich nicht nur alleine sondern wird von zahlreichen Freunden unterstützt. Hier gibt es auch den einzigen Kritikpunkt von meiner Seite her. In letzter Zeit lese ich ziemlich viel über Diskriminierung, Inklusion etc. In diesem Buch wurde diese Thematik so lobenswert umgesetzt, dass es fast schon wieder ein bisschen zu viel war. April ist bisexuell und hat eine schwarze Freundin, die Präsidentin ist weiblich und der Assistent ihrer Managerin ein Mann. Das ist ja alles löblich, kam mir aber ein bisschen zu sehr gewollt herüber. Andererseits – warum auch nicht?

Ich hab nicht geschlafen, seit du mich angerufen hast, und es fühlt sich an, als würde ein kleiner Hund von innen an meinen Augäpfeln nagen.

Dafür hat mich das Ende wieder richtig fasziniert – während ich im letzten Teil schon ein klein wenig traurig war, gab es am Schluss nochmals eine clevere Wendung. Mehr möchte ich Dir dazu gar nicht erzählen – nur so viel, dass mich diese noch ein paar Tage später darüber nachdenken lies.

So ein Fernsehstudio sieht aus, als wäre eine Lagerhalle mit der Empfangslobby eines Luxushotels zusammengekracht und jemand hätte gesagt: Das lassen wir jetzt so.

Sprachlich war das Buch durchaus sehr modern-flapsig – von Prank über „LOL“ (sagt das wirklich jemand? Ich dachte, man schreibt das nur) bis hin zu „ausserirdisches Fickmaterial“ war alles vorhanden. Ich empfand diese Redewendungen im Setting allerdings durchaus als sehr passend. Durch die vielen reflektierten Beobachtungen der Protagonistin wirkte es zudem nicht allzu platt sondern vielschichtig.  Hank Greens Schreibstil ähnelt in keinem Punkt demjenigen seines Bruders – er ist jedoch nichtsdestotrotz genauso grandios – auf seine eigene unverwechselbare Art.

Fazit:

Einerseits handelt es sich hierbei um ein amüsantes Werk, welches am Ende rasant an Tempo aufnimmt und dich daran hindert, endlich schlafen zu gehen (1 Uhr Nachts wurde es!). Andererseits versteckt sich hinter „Ein wirklich erstaunliches Ding“ noch so viel mehr. Es lässt uns über unsere digitale Gesellschaft nachdenken, den Wert von Likes, den Umgang mit Fremden und nicht zuletzt auch die Bedeutung von Freundschaft. Ich kann das Buch daher auf jeder Ebene weiter empfehlen.

Achtest Du bei Deinen Büchern darauf, welcher Verlag sie geschrieben hat? Findest Du, dass man einen Zusammenhang erkennen kann (z.B. „Die Bücher des Verlags xyz gefallen mir alle“)?


Das Buch wurde von mir selbst gekauft.

Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Fotos von mir selbst.

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2 comments

  1. […] Buch weder die Problematik der neuen Arbeitswelt noch von Social Media (zu dieser Thematik war das Buch von John Green tausend Mal besser) oder dem Druck aus der Umgebung, sondern einfach ein junges Mädchen mit […]

  2. […] Ein wirklich erstaunliches Ding von Hank Green […]

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