Schon der Titel hat mich fasziniert: Ab 50 ist man alt … genug, um zu wissen, was man will und kann
Ein witziges Wortspiel, dazu eine hübsche Illustration und ein Untertitel, welcher viel verspricht. Warum das Buch von Helmut Muthers mich schlussendlich doch nicht mal ansatzweise überzeugt hat, erfährst Du heute.
Der Inhalt
Zu Beginn erläutert der Autor erst einmal, weshalb wir unseren Fokus mehr auf die über 50-jährigen richten sollten und wie es dazu kommt, dass diese mehr und mehr das Zielpublikum von den unterschiedlichsten Unternehmen werden sollten. Die Essenzen der Kapitel fand ich klasse – so haben die Älteren heutzutage viel mehr Geld oder möchten tendenziell mehr erleben. Am Ende jedes Kapitels wurden einige Fragen gestellt (z.B. „Welches Fazit ziehen Sie aus diesem Abschnitt für sich?“ oder „Welche Konsequenzen hat die deutliche Alterung für Sie“). Das Ziel dabei ist, dass man nach der Lektüre 99 Kleinigkeiten notiert hat, die den Umgang mit der älteren Generation verändern. Hierbei fand ich es jedoch schade, dass so viel Platz mit linierten Zeilen „verschwendet“ wurde. Wenn ich mir Notizen mache, schreibe ich diese sowieso selten in ein Buch. Im ersten Kapitel hatte ich zudem das Gefühl, dass die Kernaussagen in deutlich weniger Sätzen zusammengefasst hätten werden können – immer wieder dachte ich mir „das habe ich doch gerade eben schon gelesen“.
Auf das zweite Kapitel war ich danach besonders gespannt. Darin wurden die Unterschiede der älteren Kunden im Vergleich zu den jüngeren genannt. Allerdings konnte ich bei fast allen Punkten nur den Kopf schütteln: Wenn man nach einem richtig teuren Abendessen noch 2.- EUR für die Garderobe zahlen muss, so vergrault das definitiv nicht nur die Generation 50+ sondern auch die meisten jüngeren – das hat nicht wirklich etwas mit dem Alter zu tun. Genauso ging es mir bei sämtlichen anderen Punkten. Hierbei wurden Verhaltensregeln genannt, welche grundsätzlich im Umgang mit Kunden selbstverständlich sein sollten, wie z.B. Respekt oder eine gute Kinderstube. Auch der Hinweis, dass ein 70jähriger weiss, wie es ist, 20 zu sein, aber ein 20jähriger niemals wissen kann, wie es ist, 70 zu sein, zieht meiner Meinung nicht ganz. Ich habe manchmal selbst schon das Gefühl, dass ich nicht nachvollziehen kann, wie 16jährige heutzutage leben – wie soll jemand, der vor 50 Jahren in diesem Alter war, nachvollziehen können, wie es sich als Teenager in unserer komplett digitalisierten Welt lebt? Das Problem des Verständnisses besteht meiner Meinung nach in beide Richtungen.
Ein ganzes Kapitel wurde der richtigen Bezeichnung dieser Generation gewidmet. Aber mal ehrlich: Wenn eine Firma tatsächlich einen Brief mit „Lieber Senior“ verfasst oder auf eine Werbebroschüre schreibt „Dieses Produkt ist für alte Leute“, dann fehlt es dieser Firma wahrscheinlich auch in vielen anderen Situationen an Fingerspitzengefühl.
Auch das letzte Kapitel über die Arbeitssituation der älteren Generationen hat mich nicht ganz überzeugt. Hierbei hat der Autor die älteren Arbeitnehmer lediglich in jeglicher Hinsicht verteidigt. Ich stimme z.B. durchaus mit ihm überein, dass in komplexen Berufen die Erfahrung unglaublich wertvoll ist. Wie es aber z.B. bei der Kassiererin an der Supermarktkasse oder dem Lagermitarbeiter aussieht, hat er nicht beleuchtet. Und es ist ja tatsächlich oft so, dass nicht der erfahrene Senior Buchhalter freigestellt wird, sondern die Empfangsdame durch eine jüngere ersetzt wird – unabhängig ob das jetzt gut oder schlecht ist, hätte ich mir da eine diversifiziertere Betrachtung gewünscht. Auch auf z.B. die zunehmende Digitalisierung und deren Auswirkung auf Menschen, die nicht damit aufgewachsen sind, spricht er gar nicht an. So wirkte es leider nicht wie ein gut recherchiertes Werk sondern eher wie eine Sammlung an Studien und persönlichen Beobachtungen, bei welchen die jüngeren Mitarbeiter immer schlichtweg überfordert und unfähig sind und die Generation 50+ die Probleme spielend löst.
Zitat: Besser ist es, einem Älteren die Projektleitung zu überlassen. Alles andere ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Diese Sätze zeigen sehr deutlich, dass es sich hierbei einfach nur um Pauschalisierungen und Vorurteile handelt – nur dieses Mal gegen die Jüngeren (in diesem Beispiel 29 und 31) gerichtet.
Wenn jemand der Generation 50+ angehört und gerne ein Buch lesen möchte, in dem er richtig gut weg kommt und mal zur Abwechslung auf den Jüngeren herumgehackt wird, ist diese Lektüre durchaus zu empfehlen.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich beim Plassen Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken.
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Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Fotos von mir selbst