Dieser Beitrag enthält eine Rezension (Rezensionsexemplar erhalten) und Affiliate Links. Mehr dazu hier.
Früher habe ich an sehr vielen Selbstverteidigungskursen teilgenommen. Das fing mit Wendo an, ging weiter mit Aikido, Wing Tsun, Thaiboxen und schliesslich MMA. In letzter Zeit trainiere ich gar nichts mehr in diese Richtung – daher war ich sehr gespannt, wie die aktuellen Tipps und Tricks zum Thema Selbstverteidigung aussehen und was sich bei dieser Thematik in den letzten 10 Jahren getan hat. Von Streetfighter von Andreas Kraniotakes erhoffte ich mir einige spannende Inputs.
Der Inhalt
Schon nach der Einleitung war mir klar: Ich gehöre ganz sicher nicht zum Zielpublikum dieses Buches. Die geschilderten Szenen, in welchen man regelmässig angepöbelt wird oder wegen „Ehre“ jemanden schlagen möchte, wirken für mich extrem fremd. Grundsätzlich schreibt der Autor betont flachsig und verwendet sehr viel Slang. Ich gehe daher davon aus, dass er insbesondere jüngere Personen ansprechen möchte. Mit seinen Witzen konnte er mich jeweils nicht abholen – aber wer weiss, wie der Schreibstil bei anderen ankommt.
Wir alle haben manchmal das Bedürfnis, unserem Gegenüber eine reinzuhausen, wenn dieser beleidigend wird. Letztlich schadest du dir aber selbst, wenn du diesen Gelüsten nachgibst.
Aus „Streetfighter“
Nach den Schilderungen des eher gewaltbereiten Umfelds, hätte ich anschliessend entsprechende Techniken für Menschen, die viel auf der „Strasse“ unterwegs sind erwartet. Allerdings werden hier komplette Anfänger angesprochen.

Dabei ist der grundsätzliche inhaltliche Aufbau nicht schlecht. Der Autor geht erst einmal darauf ein, wie man eine Situation entschärfen sollte (oder deeskalieren), wie man am besten aus schwierigen Situationen herauskommt und erst anschliessend auf spezielle Techniken. Allerdings war ich mit dem Inhalt der entsprechenden Kapiteln selten glücklich.
So schreibt er zwar, wie wichtig es sei, eine Situation zu deeskalieren. Die Tipps beschränken sich aber darauf, dass Du auf keinen Fall ein Opfertyp sein solltest, dass der andere sein Gesicht wahren muss und dass Du einen Kontakt aufbauen musst. Wie Du diese Techniken genau umsetzt, wird Dir nicht gezeigt. Gerade wenn sein Zielpublikum jung ist und sich in eher zweifelhaften Kreisen herumtreibt, reicht der Tipp „Streichel das Ego aber zeig Dich nicht unterwürfig“ einfach nicht aus.
Kennst du das Sprichwort „Eine Kette reisst an ihrem schwächsten Glied“? Ja, ich weiss, ich habe „Glied“ geschrieben. Jetzt hör doch mal auf zu kichern. Das hier ist ein ernstes Thema.
Aus „Streetfighter“
Auch die Gewöhnung ans Schlagen wird dem Leser zweifelhaft beigebracht. Frauen sollen einfach einen befreundeten Mann schlagen (er wird nie sagen, dass es weh tut, schliesslich ist er ein starker Mann) und um Deine Tritte zu verbessern, solltest Du einfach irgendwo dagegen treten (z.B. Mauern). Ehm ja – diese Tipps sind auf so vielen Ebenen verkehrt, dass ich gar nicht weiss, wo ich beginnen soll. Immerhin erwähnt er selbst, dass dies nicht gesund für die Füsse sei – aber Du sollst es trotzdem tun. Schliesslich bist Du ein harter Typ…
Grundsätzlich werden sowieso sehr viele Klischees bedient. Männer sind stark und haben keine Schmerzen, es gibt typische „Schlägertypen“ etc. Ich denke nicht, dass diese ganzen Vorurteile für das Buch notwendig gewesen wären.

Auch bei den anschliessenden Partnerübungen fand ich die „Regeln“ z.T. bizarr. Wenn eine Person z.B. nicht genügend schnell war, darf sie die andere Person einmal schlagen. Toll. Das motiviert mich jetzt so richtig.
Dieser ganze Rahmen, welcher das Buch umgibt, könnte tatsächlich junge Personen ansprechen – mich hat er eher abgeschreckt. Das war schade, da das Buch grafisch toll aufgebaut war und einige der Übungen mit Sicherheit nützlich sind. Ich würde Dir daher empfehlen, Dich erst ein wenig in das Buch einzulesen, um herauszufinden, ob Dir der Schreibstil/ Umgangston zusagt.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich beim riva Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken.
Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Fotos von mir selbst.