Dieser Beitrag enthält eine Rezension (Rezensionsexemplar erhalten) und Affiliate Links. Mehr dazu hier.
Manche Bücher finde ich so toll, dass ich sie am liebsten der ganzen Welt empfehlen würde. Wenn mich ein unschuldiger Freund genau in dieser Sekunde fragt, was ich lese, kann sich dieser auf eine flammende Überzeugungsrede gefasst machen. So ein Buch war Foodamentalismus von Kathrin Burger für mich.
Der Inhalt
Der Untertitel ist provokant: „Wie essen unsere Religion wurde.“ Als Bloggerin komme ich mit so manchem Ernährungstrend in Berührung und es fällt mir sehr leicht, vegan, low carb, rohkosttauglich oder Paleo zu kochen – oder was immer Du Dir sonst noch so vorstellen kannst. Dennoch hatte ich nie das Gefühl, dass „Essen“ bei mir eine Ersatzreligion ist und machte mich daher auf einige Abwehrreaktionen gefasst.
Dass diese gar nicht erst auftauchen, ist dem cleveren Buchaufbau zu verdanken. Die Autorin beginnt nämlich erst einmal sehr harmlos, indem sie die unterschiedlichsten Ernährungstrends kritisch beleuchtet. Schon alleine für dieses Kapitel lohnt sich das Buch. Sie schaft es nämlich, sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte der einzelnen Ernährungsformen sehr neutral darzustellen. Das war für mich erst einmal untypisch – meistens sind Buchautoren in diesem Bereich ganz und gar nicht objektiv.
Dabei geht sie auf eine vegane Ernährung, Clean Eating, Low Carb und Keto, Steinzeitkost/Paläo, glutenfrei/ weizenfrei, Fasten und Detox, zuckerfrei, laktosefrei, Rohkost, Makrobiotik, anthroposophische Ernährung, Ayurveda, Bio-Aficionados und Local Food ein.
Ich musste an einen Mann namens Tom Kraftwerk denken, der bereits im Jahr 2014 getwittert hatte: „Wann genau ist aus „Sex, Drugs & Rock n Roll“ eigentlich „Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer“ geworden?“
Aus „Foodamentalismus“
Schon diese Kapitel sind äusserst spannend, da die Autorin nicht nur wissenschaftliche Fakten aufzählt, sondern clevere Schlüsse und Vergleiche zieht (z.B. dass sich manche Ernährungsformen automatisch nur für finanziell besser gestellte Menschen eignen und wie dies die Einstellung dieser Personen beeinflusst).

Im zweiten Teil des Buches geht es anschliessend ans Eingemachte. Die Autorin untersucht die unterschiedlichsten Erklärungsansätze, um herauszufinden, warum das Essen in unserer Gesellschaft diesen hohen Stellenwert hat. Dabei werden sowohl Themen wie z.B. die Informations-Bubbles (Durch Social Media etc.) angesprochen als auch die Angst vor dem Tod oder die Suche nach der eigenen Identität.
Mit Informationen, die diese Ernährungsweisen skeptisch sehen und sie hinterfragen, kommt man so gar nicht in Berührung. Es kommt zur Erosion traditioneller Wissenshierarchien, da nun einem Blogger oder Instagramer eher geglaubt wird als einem Ernährungswissenschaftler.
Aus „Foodamentalismus“
Aber auch heiklere Themen wie z.B. die Angst, dass das Essen vergiftet sei oder die zunehmende Verunsicherung der Verbraucher wurde angesprochen.
Ich konnte gegen Ende die vielen Aha-Effekte, die das Buch bei mir verursacht hat, gar nicht mehr zählen. So fand ich es z.B. äusserst interessant, dass zwar auf der einen Seite der Körperkult immer mehr gelebt wird (genauso wie die „gesunde“ Ernährung). Andererseits werden körperliche Signale weitgehend ignoriert (so nimmt man z.B. Schmerzmittel um weiterhin für seine sportlichen Ziele trainieren zu können oder trinkt den Weizengrassaft, auch wenn man Lust auf eine Currywurst hat).
Es gibt Menschen, die leben nur noch vorbeugend und sterben dann gesund. Aber auch wer gesund stirbt, ist leider definitiv tot.
Aus „Foodamentalismus“
Natürlich bringt so ein Buch mit sich, dass der Schreibstil manchmal etwas provozierend ist und immer wieder mal etwas sarkastisch. Ich fand ihn jedoch durchs Band sehr angenehm, musste immer wieder einmal schmunzeln und manchmal auch fassungslos den Kopf schütteln. Dabei habe ich mich jedoch nie persönlich angegriffen gefühlt, was mit Sicherheit auch an dem besonderen Schreibtalent der Autorin liegt.
Falls es Dir noch nicht aufgefallen sein sollte: Ich kann dieses Buch wirklich jedem wärmstens empfehlen, der sich ein wenig mit Ernährung beschäftigt – das Buch ist einfach nur klasse!
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich beim riva Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken.
Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Fotos von mir selbst.