Hast Du in Deinem Leben schon einmal eine besonders wichtige Entscheidung getroffen? Und hast Du einige Wochen oder Monate später festgestellt, dass diese gar nicht so wunderbar war, sondern eher einer verräterischen Mogelpackung glich?
Viele von uns sind schon seit ihrer Kindheit mit Sprüchen wie „Wer A sagt, muss auch B sagen“ oder „Gewinner geben niemals auf“ aufgewachsen. Sie haben diese quasi inhaliert und vergleichen ihr Leben gerne mit einem Zug. Man entscheidet sich am Bahnhof für eine Richtung (Entscheidung), kauft das Ticket (Investition) und macht es sich in dem Abteil bequem (Handlung).
Daraufhin ruckelt der Zug langsam los, Felder und Wiesen ziehen vorbei und plötzlich stellst Du erschrocken fest, dass es in eine ganz andere Richtung geht, als gehofft. Vielleicht hast Du Dich tatsächlich für den falschen Zug entschieden. Oder aber Du hast in der Zwischenzeit festgestellt, dass Du lieber eine Stadt besichtigen möchtest, anstatt in der Natur zu wandern (nur dass Dich der Zug unermüdlich in Richtung „Bergdorf“ fährt). Möglicherweise kommst Du zwar am gewünschten Ziel an, merkst aber, dass Entenhausen doch nicht so idyllisch ist, wie gedacht und Tick, Trick und Track eher nervig als süss sind ;-) (sorry für das Beispiel – ich mag die drei eigentlich und würde sie natürlich gerne in „echt“ treffen).
Natürlich wäre es in diesem Fall logisch, den nächsten Halt abzuwarten, auszusteigen und entweder zurückzufahren, um einen neuen Zug zu wählen oder direkt mit einer anderen Bahn in eine bessere Richtung weiterzureisen. Je nachdem, wann Du gemerkt hast, dass sich das A doch nicht so gut anhört, hast Du einen gewissen Betrag an Zeit, Geld und Einsatz verloren. Du kannst das als Erfahrung abbuchen und Dich darüber freuen, dass Du etwas gelernt hast.
In der Realität sind wir aber selten so vernünftig. Schliesslich gibt es da noch einige andere Menschen, die unbedingt wollen, dass wir nach Entenhausen fahren und dort bleiben. Die uns im Bergdorf erwarten. Oder die einfach nur draussen stehen und uns verspotten würden, wenn wir wieder zurück fahren. Ausserdem kann man nie ganz sicher sein, ob man sich nicht doch plötzlich an Fähnlein Fieselschweif gewöhnen wird. Oder ob die Städte wirklich schöner sind, als das Bergdorf. Man bereut das Geld, hadert mit seiner Entscheidung und währenddessen ruckelt der Zug unermüdlich vor sich hin und fährt Tag für Tag weiter in die falsche Richtung.
Dabei ist es gar nicht so schwer – Du darfst ohne weiteres Entscheidungen treffen und diese kurze Zeit (oder lange) später wieder verwerfen. Es gibt zwar einige wenige Dinge, bei denen es Sinn macht, dabei zu bleiben (Antibiotika-Kuren sollten z.B. nicht mittendrin abgebrochen werden), aber davon abgesehen ist eine Veränderung eigentlich immer besser, als weiter in die falsche Richtung zu marschieren. Vielleicht reicht es manchmal auch, wenn Du einfach nur den Wagen wechselst?
Ich finde es wichtig, dass Du dabei die Entscheidung vor Dir selbst begründest. So kannst Du einfacher herausfinden, ob es sich nur um eine „Laune“ handelt oder ob es wirklich Sinn macht, zu wechseln. Wenn Du diese Begründung nach ein paar Tagen nochmals ansiehst und sie sich für Dich immer noch schlüssig anhört, darf ich gratulieren – Du hast gerade einen hervorragenden Richtungswechsel durchgeführt.
Manchmal empfinde ich es jedoch als einfacher, anderen Menschen nur mitzuteilen, dass ich mich umentschieden habe und mich gar nicht auf lange Diskussionen einzulassen. Daisy Duck freut sich bestimmt sehr auf Entenhausen und wird sich dort auch wohlfühlen. Sie wird niemals nachvollziehen können, weshalb Du lieber wieder umgekehrt bist. Gehen wir mal davon aus, dass Dir Daisy Duck am Herzen liegt und Du mit Deiner Entscheidung noch nicht ganz durch bist. Wenn Du in dieser Situation beginnst, mit ihr zu diskutieren, wird sie lediglich Zweifel an Deiner Wahl sähen – und das obwohl sie von einem ganz anderen Gesichtspunkt aus agiert. Du wirst zögern, im Zug bleiben und schlussendlich von Onkel Dagobert begrüsst werden.
Daher rate ich jedem, nur mit denjenigen Menschen zu diskutieren, die Deinen Blickwinkel verstehen können (auch wenn sie ihn nicht unbedingt teilen) und daher auch fähig sind, Ratschläge zu geben, welche Dich weiterbringen.
Zum Schluss noch zwei Beispiele:
Ich habe mich Anfang dieses Jahres dafür entschieden, ein Jahr lang keine neuen Kleider zu kaufen (ausser etwas geht kaputt). Nun habe ich festgestellt, dass ich im Büro viel mehr stehen sollte und keinerlei flache und schicke Sommerschuhe besitze (Turnschuhe sind ein no-go). Die Lösung? Den Plan etwas abzuändern und ganz einfach hübsche Sandalen kaufen, auch wenn ich mir den ein oder anderen Spruch von Freunden anhören musste.
Das war vergleichsweise leicht – kein grosser Einsatz und lediglich einige Kommentare und ein „gescheiterter“ Plan.
Andererseits habe ich vor einigen Jahren begonnen, Nanowissenschaften zu studieren und mich nach einem Jahr dafür entschieden, dass das doch nicht meine Zukunft ist. Hier hatte ich einerseits mit einem grossen finanziellen Verlust (das Jahr hat ziemlich viel an Ersparnissen gekostet), Zeitverlust und natürlich sehr vielen „fremden“ Meinungen zu kämpfen. Schlussendlich habe ich es jedoch auch als Erfahrung abgebucht und mache jetzt etwas, das mich viel glücklicher macht – und habe etwas, das ich in allen möglichen Situationen als Beispiel erzählen kann ;-)
Wenn Du in Zukunft also nicht sicher bist, ob Du etwas weiter verfolgen solltest, obwohl es Dich nicht glücklich macht, dann denk einfach an diesen Beitrag. Du musst nicht B sagen: Du kannst einfach aussteigen und einen anderen Zug nehmen.
Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Bild selbst gemacht
Liebe Ariana
Erstmal: ein riesengrosses Kompliment für Deinen Blog, den ich so gut finde, dass er schon lange auf meiner Blogroll zu finden ist. Gut finde ich hier nämlich nicht nur die sportlichen Aspekte, sondern auch die lebensphilosophischen, naja, letztendlich hängt ja alles zusammen. Und dank Dir habe ich die Dance-Workouts wiederentdeckt, die inzwischen zu einer Leidenschaft von mir geworden sind.
Die meisten von uns sind vermutlich so erzogen, dass sie – was auch immer – durchhalten bis sie eines Tages das berühmte „B“ eben gesagt haben. Egal, wie hoch der Preis war, um so weit zu kommen. Meist liegt der Preis in der eigenen, verschwendeten Lebenszeit. Ein Preis, der ganz eindeutig zu hoch ist. Wie ich inzwischen bemerkt habe.
Ich habe nicht nur den Zug gewechselt, sondern auch die Richtung, in die ich jetzt fahre. Im Klartext: von der beruflichen Selbstständigkeit habe ich jahrelang nur geträumt, bis ich sie eines Tages Realität werden liess in der Überzeugung, dass wenn man für etwas BRENNT, wenn man beharrlich sein eigenes (!) Ziel verfolgt, mit Liebe und mit ganzer Energie dabei ist, dann kann – nein muss! – dies schliesslich zum Erfolg führen. Und das hat mit „A“ und mit „B“ sagen nun überhaupt nichts mehr zu tun. Denn der einzige Mensch, dem ich noch in irgendeiner Weise Rechenschaft ablegen müsste, bin ich selber.
Was ich in Deinem Beitrag auch sehr wertvoll finde, ist der Ratschlag, nur mit Menschen zu diskutieren, welche einem in einer solchen Situation wirklich raten können. Oder einem im besten Fall sogar inspirieren können. Und das sind meistens diejenigen Menschen, die auch mal den Zug verlassen haben, um die Richtung zu wechseln. Alle andern können das nämlich oft nicht verstehen, sie können nicht nachvollziehen, woher der Wunsch nach dem Aussteigen kommt. Die bringen einen nicht weiter. Im Gegenteil.
Mit lieben Grüssen,
Arletta
Liebe Arletta
Ganz herzlichen Dank für Deinen tollen Kommentar. Erst einmal freut es mich natürlich total, dass Du quasi „Deinen“ Weg gefunden hast. Und Du hast Recht, wenn man erst einmal im richtigen Zug in die richtige Richtung sitzt, macht das B sagen ja auch Spass und ist gar keine Qual mehr.
Mir gefällt supergut, dass Du auch erwähnst, dass man mit Liebe dabei sein sollte – das geht in der heutigen erfolgsorientierten Zeit oft etwas unter.
Ganz liebe Grüsse
Ariana
Hallo Ariana,
wirklich ein Toller Beitrag, welcher du hier verfasst hast! Dieser Artikel passt super zu meiner jetzigen Lebenssituation… Ich habe eine Ausbildung in einem Büro gemacht um am ende zu Erfahren, dass mir der Büroalltag nicht entspricht! Nun arbeite ich zurzeit auf der Baustelle und dies macht mir wirklich grosse Freude! Jedoch ist das Problem bei mir, dass ich mich ziemlich für alles Begeistern kann, jedoch nach einiger Zeit das Interesse daran verliere.
Das ist zurzeit mein grösstes Problem, ich kann ja nicht alle 2-3 Jahren den Beruf wechseln…
Schönen Tag wünsche ich dir
Sven
Hallo Sven
Vielen Dank für Deine netten Worte. Ich kenne das Problem besonders im Hobbybereich – etwas macht mir einige Zeit Spass und danach begeistere ich mich wieder für etwas anderes. Vielleicht ist das Buch „Top Job“ von Chris Guillebeau für Dich hilfreich. Darin stellt er auch einige Lebensmodelle vor, bei denen man sich nicht nur auf „einen“ Hauptjob fokussieren muss.
Ganz liebe Grüsse
Ariana
Hallo Ariana,
Dein schöner Artikel hat mich gerade wieder sehr nachdenklich gestimmt.
Danke dafür.
Spontan ist mir dazu folgendes Zitat des von mir sehr geschätzten Dietrich Bonhoefers eingefallen; „Wenn man in einen falschen Zug einsteigt, nützt es nichts, wenn man im Gang entgegen der Fahrtrichtung läuft.“ Denn auch von diesen Menschen versuche ich mich möglichst fern zu halten.
Viele herzliche Grüße aus München
Andreas
Lieber Andreas
Wow – das ist ein wirklich passendes Zitat und hat mich gerade etwas nachdenklich gestimmt. Herzlichen Dank dafür!
Sonnige Grüsse
Ariana